Inspiration

Naturalisation

Natur und Kultur, weniges ist einander so entgegengesetzt und doch harmonierend. Diese sich magisch anziehenden Antipoden sind es, die Jan Davidoff faszinieren. Er untersucht in seiner Malerei dieses Wechselspiel, indem er die Welt innerhalb ihrer natürlichen und vom Menschen geprägten Stufen porträtiert. Ausgehend von der These, dass Landschaft – allein der Begriff verrät es schon – in der Gegenwart ausschließlich kulturhistorisch zu begreifen ist, bereist Davidoff ferne Länder genauso wie er die Nuancen menschlicher Existenz in der Heimat aufspürt.

Das Betrachten seiner Bilder gleicht daher oftmals einer Reise auf der Suche nach dem Ursprünglichen. Immer tiefer verstrickt sich der Mensch dabei in seiner eigenen Existenz, egal ob er in einer Menschenmenge aufgeht, Kathedralen, Hochhäuser in ihrer Gewaltigkeit um sich schwirren sieht, den Blick auf scheinbar unendliche Bachläufe richtet oder aber das Dickicht des Waldes ihn seine geringe Größe im Angesicht der übermächtigen alles überwuchernden Natur erfahren lässt. Doch die Perspektiven scheinen sich dabei zu verändern, wer oder was ist denn Kreatur und wer der Kreator? Wer schafft was? Oder vielmehr, was schafft wen? Grenzen heben sich auf, Naturgesetze verschwimmen, Isolation verschwindet, alles scheint eins zu sein – und ist es doch nicht.

Jan Davidoff geriert diese Betrachtungsweise, indem er die Grenzen zwischen Figürlichkeit und Abstraktion verschmelzen lässt. In Kongruenz zur Technik wird auch der Betrachter Spielball des Motivs. Totale graphische Reduktion in Schwarzweiß hebt den Kontrast von Natur und Kultur umso deutlicher hervor, wohingegen die abstrakt aneinandergereihten Flächen dem Betrachter wiederum Dreidimensionalität suggerieren, die diesen Effekt zeitgleich aufhebt.

Die farbstarken, konturenbetonten, fast holzschnittartigen Gemälde demonstrieren wiederum all die Lebendigkeit, die Natur und Mensch bieten können, der Betrachter kann sich dieser Macht nur schwer entziehen. Spiegelnde Oberflächen, teilweise in sich gebrochen, verweisen erneut auf das Wechselspiel, das Antipodenhafte von Natur und Kultur. Sowohl die Deutsche Romantik, als auch Techniken des Expressionismus werden von Davidoff rezipiert.

Insbesondere die Metallarbeiten verwenden das Instrument der Verschmelzung: Die heterogen bearbeiteten Oberflächen suchen das Spiel mit dem Licht, so dass der Betrachter durch die Spiegelung das Abgebildete auf mannigfaltige Weise wahrnimmt.

Menschenmengen

It would be too easy to follow one’s first impression and dismiss Jan Davidoff’s paintings as “figurative art”. In fact, his works are to be positioned on a level between concreteness and abstraction, on which real life scenes are confronted with a deeper meaning. Therefore photographs of travel experiences are being adapted on the computer back at the studio and then reduced to silhouettes, exaggerated and layered in various pictorial planes to set them into re-evaluating and significant contexts. For example, the crowd paintings are inspired by Davidoff’s experiences in the tourist strongholds all over the world. But at the same time the indifferent background detaches the masses from their object relations and implements a second level of meaning. It is not about a real scene in front of a mighty cathedral or at a strongly frequented fair, it is more about the crowd itself and the role of the individual in its middle. The often used golden background intensifies this detachedness from content by evoking an association with the early Medieval religious icons, in which saints – enraptured from the material world – are painted in front of a golden background. Hence the viewer is confronted with the question about the relation between the individual and the almost overpowering mass. In Davidoff’s paintings the one or other person stands out, because of extraordinary clothing or a specially exposed position. But on the whole the individual person gets lost and only the dominating human crowd remains to be seen, analogical to a beehive. That conjures up a feeling of being lost, but at the same time the will to self-assertion. This way Jan Davidoff manages to communicate one of the most fundamental desires of today’s society, the perception as a unique individual, in his at first so easily as solely “figurative” classified paintings. Soon it is evident, that Davidoff’s works aren’t mere travel impressions, but an evaluation of the constellations of today’s society. Jan Davidoff was born 1976 in Norden and reached his diploma in painting with Prof. Günther Förg at the Akademie der Bildenden Künste, München in 2009. He lives and works in Munich.